Seit 2014 fiel mir verstärkt
auf, dass in unserer Gegend Gülle auf Feldern ausgebracht wurde, wobei
mir die Umstände mehrfach klärungsbedürftig erschienen. In dem Jahr habe
ich erstmals Kontakt zum Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und
ländliche Räume (LLUR Schleswig-Holstein) aufgenommen. Dabei wunderte es
mich zunächst, dass dort recht zügig reagiert und kurzfristig ein
Ortstermin vereinbart wurde. Wir haben uns das Feld gemeinsam angesehen
(Bild 1).
(Bild 1).
Ca. 4 Wochen danach rief mich der Mitarbeiter des
LLUR, Herr R., an und sagte: „ich frage jetzt einfach mal, was wollen
Sie im Ergebnis.“ Ich war ziemlich verwundert über diese Frage … als
hätte ich einen Wunsch zu äußern, wie das LLUR aktiv werden soll. Dies
habe ich ihm auch so mitgeteilt. Daraufhin sagte er mir, dass die
Ausbringung am Graben nicht zulässig sei. „Das heißt, dass wir jetzt zu
dem Bauern fahren und ihm eine Anzeige geben werden.“ Herr R. zögerte
sehr stark, als wartete er auf einen Rückzieher meinerseits. Es machte
mich hellhörig, dass dieses Amt nicht selbständig handelt, sondern sich
offensichtlich von Außenstehenden „beraten lässt“. Und sicherlich bin
ich nicht der Einzige, der vor einer Aktion befragt wurde/wird.
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Im
selben Jahr habe ich erneut eine Beobachtung an das LLUR gemeldet, bei
dem wieder Gülle bis unmittelbar an ein Fließgewässer heran ausgebracht
worden ist (Bild 2). Hier war auch deutlich zu erkennen, dass das wohl
regelmäßig geschieht, denn in dem Gewässer hat sich ein starker
Brennnesselbestand entwickelt.
Anfang April 2014 wurde neben einem Quellbach Gülle ausgebracht und
dabei ein Abstand von max. ½ Meter zur Hangoberkante eingehalten (Abb.
3). Frau Storm vom LLUR bat mich per E-Mail, telefonisch mit ihr Kontakt
aufzunehmen. In dem Gespräch teilte sie mir mit, dass es zwar in der
Düngemittelverordnung steht, dass ein Abstand von 3 m zu Gewässern
eingehalten werden sollte, wenn aber nur 0,5 m (oder weniger)
eingehalten würden und dabei keine Gülle in die Gräben gelangt ist,
könne man nichts machen. Erst wenn definitiv Gülle ins Gewässer geraten
ist, kann das LLUR nach Aussage von Frau Storm aktiv werden.
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Ob die übermäßigen Nährstoffe nun direkt in die
Gewässer oder durch den Boden dahin geraten sind, ist m.E. zweitrangig.
Hier (Abb. 4 – 6) wurden und werden Gewässer ebenfalls stark belastet.
2019 habe
ich wieder einmal Kontakt zum LLUR aufgenommen, da ich mehrfach
beobachtet habe, dass Gülle in der Sperrzeit ausgebracht wurde
(18.1.2019). Zu der Mitteilung erhielt ich als Antwort lediglich, dass
es möglich sei, diese Sperrzeit auf Antrag zu verschieben. Ob hier
Anträge gestellt und denen entsprochen wurde, wurde mir mit dem Hinweis
auf den Datenschutz nicht mitgeteilt. Das habe ich dann erst einmal so
hingenommen. Ich frage mich nur, ob das bei angefrorenem Boden sinnvoll
ist oder vielleicht doch die Gefahr besteht, dass oberflächlich Gülle
abfließen kann.
Dann habe ich darauf hingewiesen, dass in einem
Falle ein Abstand von max. 1 m eingehalten wurde (Güllewagen mit
Prallteller). Herr Tiemann vom LLUR schrieb mir daraufhin folgendes:
Gemäß §
5 Abs. 2 DüV ist ein direkter Eintrag von Gülle in oberirdische Gewässer
zu vermeiden. Hierzu ist ein Abstand von mindestens 4 Metern zur
Böschungsoberkante des Gewässers einzuhalten. Der Abstand kann auf 1
Meter verringert werden, wenn bei der Ausbringung Exakttechnik zum
Einsatz kommt. Der vorgeschriebene Abstand wurde in dem von Ihnen
dokumentierten Fall unterschritten. Zu einem direkten Eintrag in das
Fließgewässer kam es glücklicherweise nicht.
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Ich behaupte einfach einmal, dass er das gar
nicht beurteilen kann, denn ich habe nur einen (sehr) kleinen Bereich
fotografiert. Das Feld ist deutlich größer, als es das Foto darstellt,
und von mehreren Fließgewässern durchzogen. Trotzdem hat Herr Tiemann
„vom Schreibtisch aus“ beurteilt, dass es zu keinem Eintrag gekommen
ist.
Auf die Frage, ob die betroffenen Landwirte eine
Ausnahmegenehmigung gestellt haben und diese genehmigt wurde oder ob
solche Vorgänge von den Behörden einfach nur geduldet, also nicht
verfolgt werden, erhielt ich als Antwort:
„Ich kann Ihnen versichern, dass Ihrem Anliegen
mit der entsprechenden Sorgfalt nachgegangen wurde und in solchen Fällen
keine generelle Duldung durch unsere Behörde erfolgt. Ich bitte jedoch
um Verständnis dafür, dass ich Ihnen die angeforderten Informationen aus
Datenschutzgründen nicht mitteilen kann.“
Dass mir Informationen wegen des Datenschutzes
nicht zustehen, ist für mich nachvollziehbar, dass im LLUR mit
entsprechender Sorgfalt gehandelt wird, wage ich allerdings zu
bezweifeln.
In den Karten (Abb. 8 + 9) habe ich einmal den
Bereich gekennzeichnet, in dem ich die Gülleausbringungen beobachtet
habe (Schleswig-Holstein, Westküste). In der Darstellung des
Bundesumweltamtes von 2017 (Abb. 8) ist in dem Bereich eine
Überschreitung der Grenzwerte vermerkt.
Bild 8
Bild 9
In einer Mitteilung des Umweltbundesamtes las
ich folgendes:
Auswertung
des Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 21. Juni 2018 in
der Rechtssache C-543/16 (Kommission gegen die Bundesrepublik
Deutschland) wegen Vertragsverletzung (Nitratrichtlinie 91/676/EWG)
Streitgegenstand war die Nicht-Umsetzung
der EU-Nitratrichtlinie 91/676/EWG durch Deutschland, nicht jedoch die
novellierte Düngeverordnung von 2017 (DüV 2017), die erst nach Ablauf
der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzten Frist (11.
September 2014) in Kraft trat und deshalb nicht mehr berücksichtigt
werden konnte (siehe Randnummer (Rn.) 70 des Urteils).
In dem Urteil folgte der EuGH in allen gerügten Punkten der
Auffassung der Kommission. Demnach hat Deutschland gegen die
Nitratrichtlinie verstoßen, indem keine zusätzlichen Maßnahmen ergriffen
wurden, um das unzureichende deutsche Aktionsprogramm (in Form der
Düngeverordnung) zu überarbeiten.
Zu Rüge 1: Verstoß
gegen Art. 5 Abs. 5 der Nitratrichtlinie (Rn. 28-71 des Urteils):
Hierzu ist
lediglich festzuhalten, dass sich der EuGH darauf beschränkte
festzuhalten, dass sich die Eutrophierungsproblematik der deutschen
Küstengewässer im streitgegenständlichen Zeitraum nicht verbessert
hätte. Insofern bedurfte es keiner weiteren Erörterung der
Grundwassersituation (inklusive der Messstellenproblematik), um
festzustellen, dass Handlungsbedarf bestand (vgl. Rn. 61).
Wichtig ist auch
die Feststellung des EuGH, dass die Mitgliedstaaten keinen weiten
Beurteilungsspielraum dahingehend haben, dass sie sich erst Gewissheit
über die (Nicht-) Wirksamkeit von Maßnahmen verschaffen dürfen, bevor
sie zusätzliche Maßnahmen ergreifen. Diese Auslegung würde dem Art. 5
Abs. 5 Nitratrichtlinie jede praktische Wirksamkeit nehmen. Vielmehr sei
eine Bewertung alle vier Jahre erforderlich (vgl. Rn. 62-68).
Zu Rüge 2, Teil 1
– Begrenzung des Ausbringens von Düngemitteln (Rn. 72-95) Kritik der
EU-Kommission (KOM)
Das deutsche Aktionsprogramm, im Wesentlichen bestehend aus der
Düngeverordnung (DüV), umfasse keine bzw. nicht ausreichende
Vorschriften zur Begrenzung des Ausbringens von Düngemitteln, die sich
auf den Grundsatz einer ausgewogenen Düngung stützen.
Unter einer ausgewogenen Düngung werde dabei verstanden, dass ein
Gleichgewicht zwischen dem voraussichtlichen Stickstoffbedarf der
Pflanzen und deren Stickstoffversorgung aus dem Boden und aus der
Düngung anzustreben sei. Dies träfe in der DüV sowohl auf das
Ex-ante-Element – der Düngebedarfsermittlung – als auch auf das
Ex-post-Element – den Nährstoffvergleich – zu.
Bei der
Düngebedarfsermittlung würden die Nährstoffbedürfnisse der einzelnen
Kulturen und die Erfordernisse in den verschiedenen bodenklimatischen
Regionen nicht ausreichend berücksichtigt. Zudem werde der Einfluss der
Düngung auf den Wasserschutz nicht beachtet. Der zulässige Überschuss
des Nährstoffvergleichs von 60 kg N/ha sei wissenschaftlich nicht
begründet und übersteige den tatsächlichen Stickstoffbedarf der
Pflanzen. Hierdurch bestehe die Gefahr von Stickstoffeinträgen in
Gewässer, wodurch dem Grundsatz einer ausgewogenen Düngung widersprochen
werde.
Die Diskrepanz zwischen dem Urteil des EuGH und
dem Verhalten des LLUR in Schleswig-Holstein erweckt in mir den
Eindruck, dass hier gesetzliche Vorschriften nicht genügend eingehalten,
und um es noch etwas krasser auszudrücken, in wesentlichen Punkten sogar
ignoriert werden.
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